Die Darstellungen in WIKIPEDIA zur Geschichte des Apostels Jakobus basieren auf Darlegungen von Vermutungen von Y. Bottineau in seinem Buch: Der Weg der Jakobspilger. es wurde versucht, den WIKIPEDIA-Artikel zu korrigieren, was unbekannte Prüfer als „unwissenschaftlich“ zurückwiesen. – Ein erneuter Versuch mit folgendem Text wurde gestartet. Mal sehen, wie die Reaktionen sein werden.
Anbei der Text in Langfassung für WIKIPEDIA:
Zum Verständnis der Geschichte des frühen Christentums ist die Kenntnis auch der wirtschaftlichen Verhältnisse ab der Zeit Herodes I. unerlässlich. Traditionelle Historiographie, die auf Schriftstücken beruht, gibt wichtige aber letztlich sehr unvollständige Hinweise auf historische Zusammenhänge. Denn Schriftstücke sind zufällig erhalten und beschreiben auch nur bestimmte Ereignisse, die dann je nach Vorkenntnis und Werteinstellung des jeweiligen Historikers interpretiert werden. So sieht es auch R. Plötz, der meint, die Geschichte des Apostels Jakobus sei über Schriftinterpretation kaum darstellbar.
Die Kenntnis wirtschaftlicher Zusammenhänge[1] erlaubt eine andere Sicht auf die Historie des Apostels Jakobus d. Ä. als bisherige Darstellungen und Wertungen in der Jakobus-Hagiographie[2], die wesentlich von den Vorgaben von Bottineau geprägt ist, der die verbreitete Geschichte des Apostels Jakobus mindestens als Irrtum, wenn nicht als inszenierten Betrug erkennt.
Daten und Zusammenhänge zu wirtschaftlichen Verhältnisse in Judäa/Palästina im 1. Jh. nach Chr. sind kaum gegeben, unzutreffend und daher unbrauchbar. Denn es gibt keine Antwort auf die Frage, wie ein vorgeblich armes Land mit einer angeblich ungebildeten Bevölkerung die Mittel aufbringen konnte, die Herodes I., einer der größten Bauherren der Menschheitsgeschichte, für zahlreiche, höchst luxeriöse Bauten, pompösen Lebensstil und zahlreiche Infrastrukturprojekte benötigte.
Der Ausbau des Tiefsee-Hafens Sebastos in Caesarea war neben dem Bau des Tempels in Jerusalem das gigantischste Bauwerk in der Zeit des Herodes.[3]
Wesentlicher Wirtschaftssektor dieser Zeit war für das Verständnis der Jakobusgeschichte der Handel mit den Erzen Kupfer und Zinn, die im Verhältnis 90 zu 10 die Bronzelegierung ausmachen.
Herodes I. hatte die Konzession von Kaiser Augustus, auf Zypern Kupfer zu fördern.[4] Das erforderliche Zinn für die Bronzelegierung wurde nach jüdischen Quellen aus Kasteron (Cornwall, Devon, Galicien) per Schiff angeliefert.
Der Überseehandel wurde im Reich des Herodes über die drei Häfen in Gaza, Jaffa (Joppe, unter den flavischen Kaisern – Flavia Joppe) und Caesarea (Maritima) abgewickelt. Der Hafen von Joppe/Jaffa liegt am nächsten zu Jerusalem.
In der Zeit von Kaiser Augustus wurde die Hafenfestung Torres de Oeste in Kat-Ira, am Fluss Ria de Arusa, Galicien, erbaut, um Seeräubern das Handwerk des Diebstals von z.B. Zinnbarren unmöglich zu machen.
In der Zeit der flavischen Kaiser wurden die beiden Häfen in Jaffa/Joppe, Palästina, und in Iria, Galicien, ausgebaut und hießen dann Flavia Joppe und Iria Flavia.
In diesen Zusammenhang kann nun die teils schriftlich, teils mündlich tradierte Geschichte des Todes und der Translatio des Apostels Jakobus eingebracht werden:
Der Apostel Jakobus d. Ä. wurde in der Zeit der ungesäuerten Brote, also vor dem Paschafest, auf Befehl des Herodes Agrippa enthauptet. Dies wird um den 24.3.44 gewesen sein: Apg 12, 1-4;
Im Kap. 10, 5-8 der Apg. wird vom Jesusanhänger Simon, dem Gerber, dessen Haus in Jaffa am Meer lag, berichtet.
Diese Berichte der Apostelgeschichte erlauben eine mögliche Erklärung für die Translatio des Leichnams des Apostel Jakobus nach Galicien:
Es war bei Todesstrafe – Gesetz des Kaisers Tiberius Claudius Caesar Augustus Germanicus, der von 41 – 54 n. Chr. regierte – verboten, Leichname von zum Tode verurteilten Menschen weg zu bringen und zu bestatten; die Leichen wurden über die Stadtmauer geworfen und Tieren zum Fraß überlassen.
Die Tradition führt nun aus, daß der Kopf des Apostels Jakobus am Ort der Enthauptung Maria, der Gottesmutter, überbracht wurde. Er wird heute in der Jakobuskathedrale des Armenischen Patriarchats in Jerusalem verehrt. (Erzbischof Aris Shirvanian, Jerusalem 2011)
Der Leichnam kann bei Nacht von Jerusalem nach Jaffa zum Gerber Simon transportiert und behandelt worden sein, um diesen dann per Schiff außer Landes zu bringen, was bei dem Verbot der Bestattung von Justizopfern notwendig war.
Die Schiffe auf der Zinn-Route von Jaffa nach Iria (Galicien) mussten für den Rückweg aus nautischen Gründen mit Ballast beladen werden. Dies waren vielfach bearbeitete Marmorsarkophage, Fertigteile für Gebäude u.a..[5] So kann der berichtete Bestattungsort des Apostels in „inter marmoricis“ sogar Hinweis auf den wahrscheinlichen Transportweg sein.
Für die Aufbereitung des Leichnams und die Seereise von Jaffa nach Iria, Galicien, sowie die Bestattung dort sind vier Monate hinreichend. So wäre der 25.7., eines Jahres, der Jakobustag – belegt seit dem 7. Jh. -, als Beerdigungstermin erklärbar. Denn üblicherweise ist der Todes- und Beerdigungstag der Erinnerungstag eines Heiligen.
Die tradierte, reich im Stil keltischer Heiligengeschichten ausgeschmückte Historie der Translation des Leichnams des Apostels hat alle erforderlichen Merkmale dieses seltsamen, eigentlich verbotenen Transportes wie: die Einkerkerung der beiden Jünger des Apostels bei dem Gesetzesvertreter und das Zögern der reichen Dame Lupa, den Leichnam im bereits in Marmor errichteten Grabmonument der Familie zu bestatten.
Folgt man diesen Darlegungen, so sind auch die archäologischen Funde um das Grab des Apostel Jakobus unter der Kathedrale von Santiago nachvollziehbar und geben ergänzende Hinweise auf eine lange, sehr komplexe Geschichte vieler Völker mit nicht oder kaum gegebener Heiligenverehrung im Spanien der frühen Christen.
Die Komplexität der Historie im Spanien der frühen Christenheit ist durch folgendes gekennzeichnet:
Keine Schrifttradition im keltischen Kulturraum, innerchristliche Kämpfe um die Formulierung der Glaubensinhalte, insbesondere der Gottessohnschaft von Jesus, die von Arianern und Moslems negiert wird, Durchzug und Invasion arianischer Germanenvölker (Vandalen, Sueben, Westgoten) durch und nach Spanien, Heiligenverehrung wurde kontrovers gesehen und erst spät im 7./8. Jh. als erlaubt bewertet.
Die früheste, um 600, schriftliche Dokumentation des Apostels Jakobus findet sich auf dem Portalstein der westgotischen Kirche St. Maria in Merida, die von Moslems abgerissen wurde. Der Stein wurde in der islamischen Festung vermauert, erst im 20. Jh. freigelegt und wird im Museum für westgotische Kunst in Merida präsentiert[6]. Auf diesem Stein ist der Name des Apostel Jakobus als erster in der Reihe der in Spanien besonders verehrten Heiligen aufgeführt.
Es gibt gute Gründe, die Geschichte des Apostels Jakobus möglichst frei von geschichtsideologischen Vorgaben neu zu erzählen.[7]
[1] Vgl.: Arens, Hans Jürgen, Herodes I. Wegbereiter des Christentums, Wirtschaft und Politik zur Zeit der Herodes-Dynastie in Palästina, Hamburg 2014; hier wird anhand wirtschaftlicher Daten die Bedeutung vom Palästina dieser Zeit der frühen Christen anhand umfangreicher Wirtschaftsdaten, archäologischen Erkenntnissen analysiert.
[2] Vgl. Insbesondere die Einführungen von Bottineau, Y., Der Weg der Jakobspilger, Bergisch-Gladbach 1987, S. 28 – 38; hier werden massive Wertungen so vorgenommen, daß die ganze Geschichte des Apostels Jakobus wenn nicht Betrug von kirchlicher Seite, dann doch eine Abfolge von Missverständnissen sei.
[3] Vgl.: Netzer, Ehud, Die Paläste der Hasmonäer und Herodes` des Großen, Mainz 1999, S.124 ff.; Herodes war mit der Tempel-Bank unvorstellbar reich; die beiden römischen Diebe des Tempelschatzes, zuerst Crassus ca, 53 v. Chr. und Titus ca. 70 n. Chr., waren zu ihrer Zeit jeweils die reichsten Männer im Röm. Imperium.
[4] Vgl.: Hill, Sir George, A History of Cyprus, Vol. I. Cambridge 1940, S. 238; Flavius Josephus, Jüdische Altertümer, Hrsg.: Clementz, Heinrich, 3. Auflage, Wiesbaden 2011, S. 632; vgl. Arens, Hans Jürgen, a.a.O.S.63 ff.;
[5] Vgl.: Georg F. Baas, Hrsg., Taucher in die Vergangenheit, Unterwasserarchäologe schreiben die Geschichte der Seefahrt, Luzern, Frankfurt a.M. 1972, S.75 f.;
[6] www.turismoextremadura.com/viajar/shared/galerias/rrtt/museos/museo_00020/img/A_MACV_05.jpg
[7] Vgl.: Arens, Hans Jürgen, „Erzähle mir, Jakobus, Deine Geschichte“, Aachen 2023;